Wunderbarer Kerl unser Durante /Öre von Springbell

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Tiergestützte Therapie: Wie Tiere kranken Kindern helfen

Im Therapiezentrum am Stadtberger Ziegelstadel helfen Tiere chronisch kranken Kindern. Ein Besuch in einer Stunde mit Wasserhund Öre.                              

Therapie mit Wasserhund Öre: Im Kontakt mit Tieren sollen die Kinder ihre alltäglichen Schwierigkeiten und Einschränkungen vergessen.
Foto: Marcus Merk

Eigentlich ist das eine ganz gewöhnliche Situation: Der kleine Jonas ruft seinen Hund, um ihm eine Belohnung zu geben. „Öre! Komm her!“, sagt er. Öre, der wuschelige französische Wasserhund, folgt den Anweisungen des Kindes, das daran sichtlich seine Freude hat. Dennoch ist das keine normale Situation: Denn als Öre vor Jonas steht, schiebt der Junge mit einem Holzstab die Trockenfutterbrocken vom Pult seines Rollstuhls. Jonas kann sich wegen einer Krankheit nur mit elektronischer Hilfe bewegen. In dem Moment, in dem Öre das Essen verputzt, huscht trotzdem ein Lächeln über das Gesicht des schwer kranken Buben.

Rund 30 Tiere helfen kranken Kindern

Es sind Momente wohl wie diese, wegen denen der Bunte Kreis das knapp fünf Millionen Euro teure Therapiezentrum am Stadtberger Ziegelstadel errichtet hat. Auf einer Fläche von sechs Hektar sollen chronisch kranke Kinder mit Hilfe von Tieren für ein paar Stunden die Mühen vergessen, die sonst ihren Alltag bestimmen. Seit November läuft der Betrieb und wird nun Stück für Stück erweitert. Rund 30 Tiere, schätzt Horst Erhardt, Geschäftsführer des Bunten Kreises, befinden sich derzeit auf dem Gelände: Pferde, Ponys, Alpakas, Hasen – und eben Hunde wie Öre.

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Etwa 15 Jugendliche sind es an diesem Nachmittag, die zusammen mit dem Vierbeiner in einem der Räume der Anlage spielen. Manche sind Patienten, manche Helfer. Während auf dem Reitplatz daneben ein Kind auf einem Pferd geleitet wird, gehen Öre und seine vielen Herrchen unter der Anleitung von Tiertherapeutin Sabine Müller einen Parcours ab. Nicht allen der kleinen Patienten sieht man wie Simon ihre Behinderung an. Am besten, so sagt Horst Erhardt, vergisst man beim Spielen ohnehin, wer Patient und wer Helfer ist: „Die Kinder erleben hier eine Welt, an der sie sonst nicht teilnehmen können.“

Das sieht auch Raphaela Ohlenforst aus Leitershofen so. Sie ist die Mutter von Nickolas, der gerade mit Öre und anderen Kindern herumalbert. Ihr 16-jähriger Sohn leidet an Autismus und wird sonst in einer Behinderteneinrichtung in Ursberg (Kreis Günzburg) betreut. „Für ihn ist es toll, wenn er auf diese Weise mit anderen Gleichaltrigen zusammenkommt. Ich kann zwar mit ihm schwimmen oder spazieren gehen, aber dieses Gemeinschaftsgefühl hat er nur hier“, erzählt sie.

Bald ziehen die ersten Bewohner dauerhaft ein

Derzeit sind Jonas, Nikolas zwei von rund 50 bis 60 Kindern, die pro Woche auf das Gelände des Bunten Kreises kommen. Dabei ist der Betrieb, wie Horst Erhardt betont, auch für alle Bediensteten eine Pionierarbeit: „Ich weiß von keiner anderen Einrichtung in ganz Deutschland, die es in dieser Größe gibt.“ Dementsprechend groß ist der Zulauf: Die Kinder kommen nicht nur aus Augsburg, sondern aus ganz Bayerisch-Schwaben und den angrenzenden Gebieten. 150 Patienten waren es im vorigen Jahr, insgesamt sollen es deutlich mehr werden. „Bis zum Vollbetrieb dauert es noch Jahre“, sagt Erhardt. Kostendeckend werde man ohnehin wohl nie arbeiten können. Dies liege etwa daran, dass die Tiertherapie kaum von staatlichen Kassen bezahlt wird und der Bunte Kreis auf Spenden wie zum Beispiel Tierpatenschaften angewiesen ist.

Ein weiterer kleiner Schritt zum Vollbetrieb wird bald gemacht: Im Eingangsbereich des Therapiezentrums werden bald die ersten Bewohner dauerhaft in die Einrichtung einziehen. Erhardt erklärt: „Dabei handelt es sich um Außenarbeitsplätze der Ursberger Behindertenwerkstätten.“ Bald soll zudem eine Praxis für Ergotherapie einziehen, darüber entstehen aktuell drei Selbstversorgerhäuser. „Da soll mal so etwas Ähnliches wie Ferien auf dem Bauernhof für Kinder und ihre Eltern möglich sein.“ Die offizielle Eröffnung des Therapiezentrums findet am 8. Mai statt, am 10. Mai gibt es einen Tag der offenen Tür.

 


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